Nur was wir kontrollieren können, kann gut sein. Einführung in den Stoizismus – Teil 1

Wie das Wissen darum, was wir kontrollieren können uns davor bewahren kann unglücklich zu sein.

In Anlehnung an den römischen Philosophen und Stoiker Epiktet betont Julian Evans¹ wie wichtig es ist zwischen den Dingen unterscheiden zu können die wir beeinflussen können und denjenigen, über die wir keinerlei Kontrolle haben. Für Epiktet liegt die Wurzel vielen Leidens in folgenden zwei Fehlern:

1. das vergebliche Versuchen Dinge zu kontrollieren, die außerhalb unserer Macht liegen

2. das Vernachlässigen der Dinge, die wir tatsächlich kontrollieren können

Aber was genau sind die Dinge, die wir kontrollieren können? –  Unsere Überzeugungen und Gedanken. Über nichts anderes verfügen wir absolute Kontrolle.

Beispiel:

Auf dem Weg zur Arbeit werden wir von einem Regenschauer überrascht und sind danach völlig nass.

Das Wetter können wir natürlich nicht kontrollieren. Wie sehr wir uns jedoch über das nass werden ärgern liegt sehr wohl in unserer Macht. Alles was sich unserer Kontrolle entzieht, müssen wir akzeptieren. Zwischen unseren Gedanken, und beispielsweise den Wetterphänomenen, liegt natürlich eine große Menge an Dingen über welche wir eine teilweise Kontrolle verfügen. Der eigene Körper, Beziehungen, Schulnoten, die Qualität unserer Arbeit…

Einige Dinge stehen in unserer Macht, andere hingegen nicht. In unserer Macht sind Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung, mit einem Wort alles das, was Produkt unseres Willens ist. Nicht in unserer Macht sind unser Leib, Besitz, Ehre, Amt und alles was nicht unser Werk ist. (Epiktet²)

Kontrolle und die Frage danach, was gut oder schlecht ist

Was uns im Leben widerfährt, ist weder gut noch schlecht. Allein unsere Reaktionen darauf sind gut oder schlecht. Worauf wir uns konzentrieren müssen, ist im Hier und Jetzt gut zu handeln. Und gut handeln bedeutet tugendhaft handeln. Nichts anderes ist notwendig für ein gutes, erfülltes und glückliches Leben.

Die vier Kardinaltugenden:

– Disziplin/Mäßigung

– Mut

– Weisheit

– Gerechtigkeit

Tugendhaftes Handeln ist als einziges im Leben gut, bewunderns- und erstrebenswert. Im Gegenzug ist nicht-tugendhaftes Handeln, also feiges, dummes und ungerechtes Handeln schlecht und ablehnenswert. Alles andere ist für das gute Leben irrelevant und wertlos. Dies umfasst Dinge wie Reichtum/Armut, Gesundheit/Krankheit, physische Freuden und Besitz. Sicherlich sind manche dieser “irrelevanten” Dinge anderen vorzuziehen. Gesund zu sein ist besser als krank zu sein. Der entscheidende Punkt ist jedoch folgender: zu all jenen Dingen, die wir nur partiell kontrollieren können benötigen wir eine gewisse Distanz. Ohne Zweifel sind wir bemüht Erfolg im Beruf zu haben oder eine gute Beziehung zu führen. Aber da wir unsere Arbeit, unseren Partner, aber auch unsere Gesundheit und unser Vermögen jederzeit verlieren können, dürfen wir unser Lebensglück nicht davon abhängig machen.

Die Stoiker raten uns, alles in unserer Macht stehende zu tun und mit Mut und Freude die Dinge des Lebens anzupacken- obwohl unsere Pläne jederzeit scheitern können. Was nicht, oder nicht mehr, zu ändern ist, müssen wir mit Gleichmut akzeptieren.

Wohl dem Menschen, wenn er gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann, und preiszugeben mit Würde, was er nicht retten kann. (Friedrich Schiller)

 

Literatur:

¹ Evans, Jules, 2012: Philosophie fürs Leben: …und für andere gefährliche Situationen.

² http://gutenberg.spiegel.de/buch/-7739/1